Mit der erneuerbaren Energie ist es wie mit den Nahrungsmitteln: Wenn wir nicht speichern können, dann essen wir nur das, was gerade wächst – und im Winter fast gar nichts.

Der globale Zubau der erneuerbaren Energie wächst seit 20 Jahren exponenziell. Ginge es so weiter, würden die Erneuerbaren bereits 2035 den weltweiten Energiebedarf decken. Dabei wird in Zukunft aus Effizienzgründen mit wachsendem Anteil an erneuerbarer Energie die Mobilität und die Wärmeproduktion zunehmend elektrifiziert, was den Elektrizitätsbedarf steigern wird.

Es braucht Reserven

Verschiedene Faktoren beeinflussen den Energiebedarf wie zum Beispiel Sparen, Isolation und Effizienzsteigerung, Bevölkerungswachstum und Mobilität. Geplant ist, die Kernkraftwerke stillzulegen, somit müssen in Zukunft zirka 80 TWh/Jahr mit Erneuerbaren zusätzlich produziert und zirka 20 TWh/Jahr saisonal gespeichert werden.

Sogar wenn die erforderliche Energie im Winter produziert werden könnte, braucht es Reserven und Redundanz, um die Energieversorgung jederzeit zu sichern, analog der heutigen Pflichtlager für Erdöl (vier Monate). Lokale Batterien werden benötigt (für den Tagesausgleich und die Nacht), um die Leistung im Netz zu regulieren.

Elektrizität speichern – aber wie?

Die einzige Möglichkeit für die saisonale Elektrizitätsspeicherung sind Pumpspeicher-Wasserkraftwerke. Zusätzlich zu den heute existierenden Wasserkraftwerken müsste man 13 Pumpspeicher-Kraftwerke der Grösse von Grande Dixence dazubauen. Alternativ könnte im Sommer mit Elektrolyse und Überschusselektrizität Wasserstoff (H2) produziert und dieser dann in unterirdischen Kavernen gespeichert werden, entsprechend 1 Mt H2 oder rund 70 Mm3 H2 unter einem Druck von 200 bar.

Mit Wasserstoff kann im Winter in sechs Kombikraftwerken (je 1 GWel) Elektrizität (50 Prozent) und Wärme produziert werden. Der Wasserstoff könnte auch importiert werden, die Speichergrösse würde aber, wegen der notwendigen Reserven, nur wenig reduziert. Die Gesamteffizienz von der erneuerbaren Elektrizität über Wasserstoff, Speicherung und Kombikraftwerk liegt bei zirka 20 Prozent, somit würde die benötigte PV Fläche rund verdoppelt gegenüber dem rein elektrischen Energiesystem.

Mit dem Wasserstoff und dem CO2 aus der Luft kann synthetisches Öl hergestellt werden, welches dann einfach und in bereits vorhandener Infrastruktur gespeichert und genutzt werden kann. Die Gesamteffizienz liegt bei der Elektrizitätsproduktion aus synthetischem Öl bei 12 Prozent. Damit wird die benötigte PV Fläche dreimal so gross, wie im rein elektrischen Energiesystem.

Eine grosse Herausforderung

Die Realisierung der PV-, Wind- und der Speicher-Anlagen sind eine grosse Herausforderung, sogar wenn man optimistisch davon ausgehen würde, dass nur die Hälfte der abgeschätzten Energie benötigt würden.

Kernkraftwerke produzieren Bandleistung ohne CO2-Ausstoss und haben einen internen Speicher an Brennstoff. Klassische Uran-Spaltreaktoren, mit all ihren Nachteilen und den sehr beschränkten Reserven an Uran, sind keine nachhaltige Lösung. Die Reaktoren der vierten Generation, die nicht auf spaltbares Uran angewiesen sind und deutlich weniger langlebige Isotope produzieren, könnten in naher Zukunft den Weg zur erneuerbaren Energiewirtschaft ebnen und die Grösse der benötigten Speicher deutlich verkleinern.

Andreas Züttel ist Professor für physikalische Chemie an der EPFL und Direktor des Laboratoriums Materialien für erneuerbare Energie. Er ist Präsident des Schweizer Wasserstoff Vereins HYDROPOLE und Mitgründer der GRZ Technologies AG.