Das Eisenhower-Prinzip besagt, dass die dringlichsten Probleme nicht immer die wichtigsten sind. In einer Gesellschaft, in der sich Nachrichten grösstenteils über soziale Netzwerke verbreiten und die Wichtigkeit einer Meldung über die Anzahl Klicks bewertet wird, geht dieses Prinzip oft vergessen.

Das grösste Problem unserer Gesellschaft ist nach wie vor ihre mangelnde Nachhaltigkeit. Die Frage ist nur, was wir dagegen tun können und wollen. Wer einen Beitrag leisten möchte, muss zuerst die Herausforderung verstehen und dann bereit sein, innovativ, kreativ und visionär zu denken. Denn mit alten Rezepten lösen wir das Problem sicher nicht. 

Konzentration aufs Wesentliche

Zum Glück stellen wir heute fest, dass viele junge Menschen nicht nur einen gutbezahlten Job wollen, sondern auch eine sinnstiftende Karriere suchen. Es ist ihnen auch klar, dass eine disruptive Veränderung des Arbeitsmarktes bevorsteht, und sie möchten deshalb eine Ausbildung, die ihnen langfristig eine gute Stelle garantiert. Die Universitäten und Hochschulen müssen sich dieser Herausforderung stellen und Menschen für die Gesellschaft der Zukunft ausbilden und nicht für den Arbeitsmarkt von gestern. 

Ich empfehle jungen Menschen immer, sich aufs Wesentliche zu fokussieren. Wir leben heute in einer Welt des lebenslangen Lernens, und die meisten meiner Kollegen aus der Studienzeit haben heute nicht den Job, den sie sich beim Studienbeginn vorstellten. Mit einer soliden Grundausbildung in den MINT-Fächern ist man bestens dafür gerüstet, die notwendigen Kompetenzen während der beruflichen Karriere zu erwerben. Gleichzeitig dürfen kommunikative und organisatorische Fähigkeiten nicht vergessen gehen, die man sowohl im Studium wie auch durch Freiwilligenarbeit erwerben kann. Wer sich heute auf einer Bühne oder vor einer Kamera wohl fühlt, hat im Berufsleben grosse Vorteile. 

Fachkräftemangel zeichnet sich ab

Es gibt in der Schweiz ein breites Angebot an Ausbildungen in den Bereichen Energie- und Umwelttechnik, die sowohl Grundlagen wie auch spannende fachliche Vertiefungen bieten. Wer sich für ein Bachelorstudium mit starkem Praxisbezug interessiert, wird an vielen Fachhochschulen in der Schweiz fündig. Leider sind die Anmeldezahlen immer noch zu tief. Wenn sich die Schweiz irgendwann entscheidet, das Klimaziel von Paris ernst zu nehmen, werden die Fachkräfte fehlen.

Für diesen Umstand mag es verschiedene Gründe geben, aber einer davon ist sicher, dass unsere Gesellschaft das Prinzip von Eisenhower noch nicht verinnerlicht hat; wir sind zu sehr mit dringlichen aber unwichtigen Problemen beschäftigt, um uns mit den grossen Themen der Zukunft auseinanderzusetzen. Es ist eine wichtige Aufgabe der Bildungsinstitute der Schweiz, nicht nur langfristig zu denken, sondern auch eine positive Vision der Zukunft zu formulieren.

Henrik Nordborg leitet seit 2018 den Studiengang Erneuerbare Energien und Umwelttechnik an der OST (Ostschweizer Fachhochschule) in Rapperswil-Jona. Er ist promovierter Physiker und war acht Jahre lang in der Konzernforschung der ABB tätig. Seit einigen Jahren hält er regelmässig öffentliche Vorträge über die Klimakrise und ihre Lösung. www.nordborg.ch