Netto Null ist das klimapolitische Schlagwort dieses Sommers. Der Bundesrat hat am 28. August 2019 beschlossen, dass die Schweiz bis 2050 nicht mehr Treibhausgase ausstossen soll, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können. Dies kommt einer eigentlichen Kehrtwende in der Schweizer Klimapolitik gleich. Im Jahre 2050 gibt es per Saldo keine CO2-Emissionen mehr. Das bedeutet eine vollständige Umstellung von Öl und Gas auf Erneuerbare.

Das Klimaziel stellt sicher, dass die Schweiz ihren Beitrag zur Begrenzung der weltweiten Klimaerwärmung auf unter 1,5 Grad leistet. Die Schweiz reiht sich damit in eine Vielzahl von Ländern ein, die Netto-Null-Ziele für 2050 anstreben. Die Schweiz ist vom Klimawandel besonders betroffen, da die Temperaturen hierzulande doppelt so stark steigen wie im weltweiten Durchschnitt.

Anreize schaffen

Als nächstes sind nun Massnahmen und Umsetzungen gefragt, um dieses Ziel auch wirklich zu erreichen. Es ist klar, dass die Schweizer Klimapolitik wesentliche Schritte vorwärts machen muss. Bei den energiebedingten Emissionen sind die Ziele aus technischer Sicht relativ einfach zu erreichen. Möglichst bald sollen keine fossilbetriebenen Heizungen installiert werden. Und auf jedes geeignete Dach gehört eine Fotovoltaikanlage.

Ebenso muss der Fahrzeugpark auf erneuerbare umgestellt werden: mit Elektrizität, Biogas und Wasserstoff. Vereinfacht ausgedrückt soll die Energieversorgung zu 100 Prozent erneuerbar ohne Treibhausgasemissionen sein. Zusätzlich braucht es effizientere Gebäude. Die aktuelle Sanierungsrate von gut einem Prozent, muss mindestens verdreifacht werden. Für Investoren sind Anreize zu schaffen, am ehesten in Form von Finanzhilfen.

Die Politik ist gefordert

Für all diese Umstellungen ist die Technik vorhanden und erprobt, die Wirtschaftlichkeit ist gegeben und es entstehen erst noch regionale Arbeitsplätze. Die grösste Hürde für die Umsetzung ist die Politik. Bisher fehlten in den nationalen Räten die Mehrheiten, die einen Wandel als klimapolitisch notwendig und volkswirtschaftlich vorteilhaft erachten.
Viele Gemeinden, insbesondere Energiestädte sind in der Energiepolitik dem Bund einen Schritt voraus. Sie haben eigene Förderprogramme, initiieren und planen Wärmeverbünde und sensibilisieren die Bevölkerung.

In die Forschung investieren

Die CO2-Emissionen umfassen nebst den energiebedingten auch die Graue Energie von Konsumgütern und Baustoffen sowie deutliche Emissionen aus der Landwirtschaft. In diesen Bereichen muss weiter in die Forschung investiert werden. Die Schweiz als innovatives Land ist dazu bestens prädestiniert und kann sich erst noch international profilieren.

Es liegt in unserer Verantwortung, in unserem Interesse und insbesondere auch in unseren Möglichkeiten, dass wir energie- und klimapolitisch international eine Vorreiterrolle übernehmen. Wer, wenn nicht die Schweiz, mit den finanziellen Möglichkeiten, den Bildungsinstitutionen und dem stabilen politischen System, hat in die Chance und die Pflicht, energie- und klimapolitisch Zeichen zu setzen und voranzugehen?

Kurt Egger ist Geschäftsleiter und Mitinhaber der Firma Nova Energie GmbH in Sirnach TG, einem Beratungsbüro für Umwelt- und Energiefragen. Im Auftrag des Bundesamtes für Energie leitet er das Programm EnergieSchweiz für Gemeinden. Kurt Egger wurde im Herbst 2019 in den Nationalrat gewählt.
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