Der Umbau des Schweizer Energiesystems im Rahmen der Energiestrategie 2050 ist in vollem Gange. Beim Strom ist «erneuerbar» schon fast Normalität: 80 Prozent der Schweizer Energieversorger liefern den Haushalten als Standardprodukt erneuerbaren Strom. Und auch für immer mehr Unternehmen ist es mittlerweile selbstverständlich, auf erneuerbare Energie zu setzen.

Vergessen geht dabei oft, dass selbst die Produktion von erneuerbarer Energie teilweise stark in die Natur eingreift. So setzen etwa geringe Restwassermengen und unnatürliche Abflussschwankungen im Einflussbereich von Wasserkraftwerken den Gewässerlebewesen zu.

Neben dem Klimaschutz ist aber auch der Rückgang der Artenvielfalt eines der brennenden Themen unserer Zeit. Fast monatlich werden neue Studien mit alarmierenden Zahlen veröffentlicht. Die Energiewende ist daher nur dann wirklich nachhaltig, wenn sie die Nutzung der erneuerbaren Energiequellen mit dem Schutz der Biodiversität verbindet.

Eingriffe in Natur und Umwelt reduzieren …

Genau dieses Ziel hat sich der VUE Verein für umweltfreundliche Energie auf die Fahnen geschrieben. Er hat Kriterien erarbeitet, wie Produktionsanlagen für erneuerbare Energie gestaltet sein müssen, um neben dem Klima auch Natur und Umwelt möglichst wenig zu beeinträchtigen. Diese Kriterien sind die Grundlage für die Zertifizierung von Kraftwerken und Anlagen mit dem Gütesiegel naturemade star.

Wasserkraftwerke, die dieses Gütesiegel tragen, müssen beispielsweise zusätzlich zu den gesetzlichen Anforderungen den «greenhydro Standard» erfüllen. Dieser basiert auf anspruchsvollen, gewässerökologischen Kriterien, die von Wissenschaftern der Eawag, dem Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs, mitentwickelt wurden. Biogasanlagen werden unter anderem auf Grund ihrer Ökobilanz zertifiziert, welche die Auswirkungen der Anlage auf die Umwelt beurteilt – von der Anlieferung des Grünguts bis zur Produktion des Biogases. Diese Ökobilanz muss mindestens doppelt so gut sein wie bei Erdgas, das via Pipeline in die Schweiz gelangt.

… und ausgleichen

Hinzu kommt bei naturemade ein zweiter Handlungsbereich: Die Kompensation der verbleibenden Beeinträchtigungen. Dies geschieht mit dem so genannten Fondsrappen, einem Beitrag von einem Rappen pro Kilowattstunde, den alle Kunden von naturemade star zertifiziertem Strom aus Wasserkraft leisten und der in ökologische Aufwertungen investiert wird. 110 Millionen Franken sind auf diese Weise in den letzten 20 Jahren zusammengekommen! Damit konnten fast 100 Kilometer Fliessgewässer und Seeufer revitalisiert oder neu geschaffen werden. Aus ehemals schnurgeraden Flüssen wurden dadurch wieder natürliche Flussläufe mit abwechslungsreichen Ufern, Kiesbänken, Seitenarmen – und zahlreichen Tier- und Pflanzenarten. Zusätzlich konnten dank des Fondsrappens fast 300 Hektaren Lebensraum revitalisiert oder neu geschaffen werden – von neuen Teichen für seltene Amphibien bis zu Winterquartieren für Fledermäuse.

Klimaschutz und der Schutz der Artenvielfalt gehen bei naturemade also Hand in Hand. Dafür sorgt auch die breite Abstützung des Vereins VUE, in dem Energiewirtschaft, Umwelt- und Konsumentenorganisationen sowie Grosskunden vertreten sind. 2019 konnte der VUE sein 20-jähriges Jubiläum feiern und hat sich aus diesem Anlass ehrgeizige Ziele für die Zukunft gesetzt. So sollen mit naturemade weitere Bereiche des Energiesystems ökologisiert und der Einsatz der Fondsmittel für ökologische Ausgleichsmassnahmen erweitert werden – damit das Klima und die Natur noch stärker profitieren.

Cornelia Brandes ist Geschäftsleiterin des VUE Verein für umweltgerechte Energie. Der VUE setzt sich für die Förderung der erneuerbaren und ökologischen Energieproduktion ein und ist Träger der Gütesiegel-Familie naturemade für Strom, Wärme, Biogas, Wertstoffe sowie Effizienz-Zertifikate. www.naturemade.ch